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Deutscher-Wildgehege-Verband e.V.

Erklärung des Deutschen Wildgehege-Verbandes

Erklärung des Deutschen Wildgehege-Verbandes e.V. (DWV e.V.) zur Tötung von Pavianen im Tiergarten Nürnberg

Zu den zentralen Aufgaben von Wildgehegen, Tierparks und Zoos – auch im Rahmen des Deutschen Wildgehege-Verbandes – zählen Umweltbildung, Natur- und Artenschutz sowie wissenschaftliche Forschung. Diese Aufgaben werden in enger Zusammenarbeit mit einem breiten Netzwerk zoologischer und wissenschaftlicher Einrichtungen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene, im natürlichen Lebensraum der Tiere (in-situ) und in den Einrichtungen (ex-situ) umgesetzt – ganzheitlich im Sinne des integrativen „One-Plan-Approach“ der Welt-Zoo-Organisation WAZA.

Ein zentrales Merkmal zoologischer Einrichtungen ist die verantwortungsvolle Haltung und das Management von Tieren. Der DWV e.V. beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit diesem Thema, etwa im Rahmen zweier interdisziplinärer Symposien und der Veröffentlichung „Tiere in Menschenhand – zwischen Tierwohl und Wirklichkeit“ (Wiesenthal, Müller-Rischlikon, 2021). Unser Leitbild verpflichtet uns zu einer Haltung, die den biologischen und sozialen Bedürfnissen der Tiere gerecht wird. Dazu gehören Versorgung, Beschäftigung, Zucht, Training, tierärztliche Betreuung – und in bestimmten Fällen auch das Töten von Tieren. Solche Entscheidungen werden nie leichtfertig getroffen, sondern stets fachlich begründet, sorgfältig abgewogen und so stressarm wie möglich umgesetzt. Die Tierkörper werden untersucht und sinnvoll verwertet – etwa als menschliche Lebensmittel (z.B. im Falle von Gatterwild, Schafen, Rindern oder Geflügel) oder artgerechtes Tierfutter (wie hier im Falle der Paviane als Futter für Raubtiere) und wenn immer möglich auch wissenschaftlich genutzt.

Die kontrollierte Tötung überzähliger Tiere ist aus unserer Sicht ein notwendiger Bestandteil professioneller, fach- und bedarfsgerechter Tierhaltung. Sie ermöglicht stabile Sozialstrukturen, gesunde Populationen und eine nachhaltige Bestands- und Zuchtbuchführung. Eine artgerechte Haltung umfasst nicht nur Gehegegestaltung und Haltungsparameter, sondern auch die Möglichkeit zu Fortpflanzung, sozialem Verhalten und Populationsdynamik. Nur so lassen sich langfristig genetisch vielfältige, stabile Reservepopulationen sichern, die in den Zoos zum Erhalt der Biodiversität beitragen und Basis für die Wiederansiedlung bedrohter Arten bieten.

Selbstverständlich werden immer Alternativen zur Tötung im Verbund mit anderen Institutionen im Sinne eines einrichtungsübergreifenden Populationsmanagements geprüft – doch es gibt Situationen, in denen sie unvermeidbar ist. Auch wenn dies emotional schwer zu akzeptieren ist, bleibt es ein Teil des natürlichen Kreislaufs von Leben und Tod. Der Mensch entscheidet in menschlicher Obhut nicht über das „Ob“, sondern über das „Wann“ des Sterbens – mit der Verantwortung, dies verantwortungsvoll und tierwohlorientiert zu tun. Arten können nur überleben und Leben schaffen, wenn auch gestorben wird.

Dass der Tiergarten Nürnberg dieses sensible Thema nun transparent und fachlich fundiert und mit aller Achtung vor der Kreatur öffentlich macht, ist ein Meilenstein für die Bildungsarbeit zoologischer Einrichtungen. Er macht deutlich, dass Artenschutz, Nachhaltigkeit und Tierwohl untrennbar mit schwierigen Entscheidungen verbunden sind – auch wenn diese emotional herausfordern.

Wir zollen Dr. Dag Encke und seinem Team höchsten Respekt für die Haltung und den Mut, diesen Weg zu gehen. Der Vorstand des DWV e.V. steht hinter dieser Entscheidung und wünscht dem Tiergarten Nürnberg eine sachliche gesellschaftliche Auseinandersetzung und ein besseres Verständnis für die komplexen Anforderungen moderner Tiergärtnerei, die Artenschutz, Nachhaltigkeit und Tierwohl gleichermaßen gerecht werden muss.

Dipl. Biologe Eckhard Wiesenthal                                  Dr. Dominik Fischer
1. Vorsitzender                                                                      2. Vorsitzender